Burt81 hat geschrieben:
Ich bin wirklich sehr zwiegespalten in dieser ganzen Diskussion:
Zum einen durch ein erlebtes Ereignis in meiner späten Kindheit. Damals half mir ein "Nein", was wäre aber gewesen, die Person hätte es damals nicht akzeptiert? Es wäre passiert, was der Mensch vor hatte? Gut, ich war minderjährig, aber abgesehen davon?
Wenn
§174 oder
§176 nicht mehr zutrifft weil die Volljährigkeit gegeben ist bzw. man nicht mehr minderjährig ist, tritt normalerweise je nach Sachlage
§177 StGB,
§185 StGB ,
§240 StGB (ggf. weitere?) auf den Plan.
§177 gilt natürlich wie gehabt nur in Verbindung mit Gewalt oder Drohung derselben. Es gilt auch, wenn keine entsprechende Möglichkeit bestand zu flüchten sowie dem Täter klar unmissverständlich sein Unwillen zu äußern. Unterlässt man dies weil aus ersichtlichen Gründen die Gefahr besteht bei Gegenwehr Gewalt zu erleiden, greift dieser Paragraph ebenso.
Siehe dazu
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/15/4-410-15.phpZitat:
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die Verwirklichung des Tatbestandes des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB unter anderem, dass sich das Opfer in einer Lage befindet, in der es möglichen nötigenden Gewalteinwirkungen des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
Diese Schutzlosigkeit muss eine Zwangswirkung auf das Opfer in der Weise entfalten, dass es aus Angst vor einer Gewalteinwirkung des Täters in Gestalt von Körperverletzungs- oder gar Tötungshandlungen einen - ihm grundsätzlich möglichen - Widerstand unterlässt und entgegen seinem eigenen Willen sexuelle Handlungen vornimmt oder duldet; auf diese Umstände muss sich der - zumindest bedingte - Vorsatz des Täters erstrecken
Oder siehe hier,Interview mit Fischer:
http://www.lto.de/recht/hintergruende/h ... afrecht/2/Zitat:
Nötigen durch Ausnutzen ist deshalb nur dann gegeben, wenn das Opfer auf Widerspruch oder Widerstand verzichtet, weil es Angst vor Gewalt hat, wenn der Täter dies erkennt oder in Kauf nimmt und die sexuelle Handlung trotzdem vollzieht oder verlangt. Damit sind nun wirklich sämtliche tatsächlichen oder vermeintlichen "Lücken" geschlossen.
Soll tatsächlich die Gewaltandrohung und Gegenwehr diesbezüglich entfallen entsteht daraus folgendes Problem:
http://nicht-feminist.de/2014/11/defint ... eiko-maas/Zitat:
Die Frage ist nun, wie man ohne Gegenwehr feststellen können soll, ob etwas gegen den Willen eines Betroffenen – es sollte hier eher der Betroffenen heißen – geschieht bzw. geschehen ist. Es ist ein leichtes nach dem Sex zu sagen, dass man ja gar nicht einverstanden war und es sich daher um eine Vergewaltigung handeln würde. Wie soll man als Mann – der als Standardvergewaltiger gilt – seine Unschuld beweisen? Wir kennen jetzt schon alle Fälle, in denen Männer unschuldig verurteilt wurden. Das wird jetzt noch einfacher werden.
Burt81 hat geschrieben:
Was würde dagegen sprechen, das wir Männer das neue Recht auch anwenden? Muss ich mich im Karneval von fremden Frauen abknutschen lassen, wenn ich nicht will? Darf ich nicht wie Frau eben auch das dann als verletzend und als Schädigung betrachten?
Da ich schon mal von einer Frau angegrapscht worden bin kann ich erfahrungsgemäß nur sagen: Als Mann gegenüber Frauen (und sonst Umherstehenden) bleibt dir nur einzig die Möglichkeit sie klar und deutlich abzuweisen!! Notfalls mit lautwerdender Stimme ,drohender Körperhaltung oder ähnlichem wenn dies ignoriert oder sogar lachend wiederholt wird. Genau das war nämlich einmal mein Erlebnis auf der Arbeit. Als geschädigter Mann bist du bei dem Thema natürlicherweise ein Clown. Eine auszulachende Witzfigur.
Die Erwartung dass wir Männer (moralische/juristische) Gesetze genau so anwenden könnten wie Frauen ist ein feministischer Irrglaube.
Anderes Beispiel:
http://www.pelzblog.de/2014/01/gewalt-d ... uen-nicht/Zitat:
Ich habe es erlebt, wie eine Frau Gewalt systematisch gegen mich eingesetzt hat. Sie wurde immer wieder gegen mich und meine Gegenstände in der gemeinsamen Wohnung gewalttätig, weil sie ja wusste, dass ich mich als Mann nicht wehren konnte. Hätte ich mich gewehrt, wäre direkt die Polizei auf ihrer Seite gewesen und hätte mich wahrscheinlich aus der Wohnung entfernt – was mir ja auch später als Opfer passierte.
Ich habe mehrfach versucht die Gewalt gegen mich anzuzeigen, damit diese Gewalt endlich mal ein Ende hat. Schließlich waren wir eine Familie, es waren auch Kinder im Spiel. Bei der Polizei hat man mich allerdings mehrfach ausgelacht. Bis ich eines Tages mit einer üblen Platzwunde über dem Auge auf der Wache „aufgeschlagen“ bin. Dann endlich wurde eine Anzeige aufgenommen, die allerdings sehr schnell wieder durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.
Vorher bin ich durch den reinen Horror gegangen, da sie mich in ihrem Bekanntenkreis – zumeist Männer – als Gewalttäter dargestellt hat. Dieser Bekanntenkreis startete nun eine Hetze gegen mich. Ich war also auch nicht vor Gewalt durch Dritte sicher.
Aber abgesehen von der natürlichen Ungleichbehandlung der Geschlechter: Theoretisch ist es bereits eh möglich dass dieser eine Fall da wegen Angrabschens per StGB strafbar sein könnte.
Hier würde wahrscheinlich §185 StGB greifen:
https://rechtstreff.de/viewtopic.php?t=481Zitat:
Po Grapschen in Verbindung mit einer abschätzigen Mimik oder einem abschätzigen Spruch, der die Nichtachtung deutlich zum Ausdruck könnten in der Summe eine Beleidigung darstellen.
http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1038430/Zitat:
Das Begrabschen einer bekleideten Person, auch im Genitalbereich, wird deshalb von Richtern oft nicht als sexuelle Nötigung eingestuft.
Es kann hier höchstens eine tätliche Beleidigung (nach Paragraph 185 StGB) vorliegen, mit sehr viel milderer Strafandrohung.
Aber nunja, wat sollet.
Zum Thema Karneval und Knutscherei (auch wegen Alkoholeinfluss):
https://openjur.de/u/367901.htmlhttps://openjur.de/u/367901.html hat geschrieben:
Als die Geschädigte und der Angeklagte, der sein Fahrrad schob, sich auf dem Weg Richtung U-Bahn Kieferngarten befanden, packte der Angeklagte die Geschädigte für sie völlig überraschend am Hals/Genick, zog sie heran und küsste sie auf den Mund. Der Angeklagte versuchte, mit seiner Zunge in den Mund der Geschädigten einzudringen, was ihm nicht gelang, weil die Geschädigte Zähne und Lippen zusammenpresste.
https://openjur.de/u/367901.html hat geschrieben:
Das Verhalten des Angeklagten erfüllt den Tatbestand der Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB.
Da keine vom Täter gewollt herabsetzende Bewertung festzustellen war gilt hier nicht §185, sondern §240, der bei erzwungenen, nicht gewollten Küssen vom Gegenüber mit Widerwehr hier auch seine Anwendung findet.
Warum §177 nicht galt ist dort auch begründet.
Man sieht, unter entsprechenden Umständen ist sogar fremde Abknutscherei und Grabschen bereits heute strafbar.
Auch was dein Erlebnis betrifft: Hätte der Typ sich damals über dein "Nein" hinweggesetzt wäre es zu 100% eine Straftat gewesen. Selbst wenn du nichts gesagt hättest.
Bei Volljährigkeit kommt es wie gehabt auf die Umstände an. Denn eins darf man nun mal besonders bei der Rechtsprechung nicht vergessen: Sexualität
ist ein Spiel mit den Grenzen.
Wer zum Thema "Nein heißt Nein" mal aus lockerer PU-Sicht kurz was dazu hören möchte:
18.Minute - 22.Minute
Wiederholtes Fazit: Es gibt keine Schutzlücken.
